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Aktuelle Urteilsmeldungen

Vom 9. August 2024

Kein Entzug des Sorgerechts des alleinerbenden Elternteils wegen Pflichtteilsansprüchen der Kinder

(DAV). Wer seinen Ehegatten zum Alleinerben einsetzt, enterbt seine Kinder. Diesen stehen dann Pflichtteilsansprüche zu. Diese können sie, solange sie minderjährig sind, nicht selbst geltend machen. Das müsste der überlebende Elternteil tun – gegen sich selbst als Erben. Gleichwohl ist nicht unbedingt ein teilweiser Entzug des Sorgerechts gerechtfertigt, wenn man gewissen Regeln einhält.

Der alleinerbende Ehegatte müsste gegen sich selbst Pflichtteilsansprüche für die Kinder geltend machen
Ein Vater verstirbt. Er wird von seiner Ehefrau allein beerbt. Das Familiengericht ordnet daraufhin eine Pflegschaft zur Vertretung der gemeinsamen minderjährigen Kinder bei einer eventuellen Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen gegen die Mutter als Erbin an angeordnet. Schließlich bestehe der Nachlass aus einem Konto und einer Doppelhaushälfte. Daher bestehe bei Prüfung und Sicherstellung des Pflichtteils eine Interessenkollision.

Gleichwohl ist in der Regel keine teilweise Entziehung des Sorgerechts gerechtfertigt
Zu Unrecht, entscheiden die Richter. Die Einsetzung eines Ergänzungspflegers sei zur Sicherung der Pflichtteilsansprüche der Kinder nicht geboten. Der als Alleinerbe eingesetzte Ehegatte ist nicht schon kraft Gesetzes von der Vertretung der Kinder ausgeschlossen. Der überlebende Elternteil kann selbst entscheiden, ob die Pflichtteilsansprüche der Kinder geltend gemacht werden sollen. Das Familiengericht kann dem Elternteil die Vertretungsmacht nur entziehen und eine Pflegschaft anordnen, wenn Anhaltspunkte für einen konkreten, erheblichen Interessengegensatz vorliegen. Dabei ist die mögliche Gefährdung des Pflichtteils gegen die Wahrung des Familienfriedens abzuwägen. Solange der erbende Elternteil den Pflichtteilsanspruch des Kindes nicht gefährdet, sei keine Pflegschaft anzuordnen. Dafür sei aber nichts ersichtlich, da die Kindesmutter mit dem Gericht kooperiert und den Nachlass (überschlägig) mitgeteilt hat. Die Verjährung etwaiger Pflichtteilsansprüche ist darüber hinaus bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gehemmt, sodass auch insoweit keine Sicherung erforderlich ist.

Oberlandesgericht (OLG) Köln, Beschluss vom 17.4.2024 (10 WF 16/24)