Feststellung der Testier(un)fähigkeit (nur) mittels Sachverständiger und Zeugeneinvernahme in deren Beisein

(dpa/tmn). Hält ein Sachverständiger die Einvernahme von Kontaktpersonen des Erblassers zur Beurteilung der Testierfähigkeit für erforderlich, muss das Nachlassgericht den Sachverständigen zur Befragung der Zeugen zuziehen und ihm Gelegenheit geben, selbst Fragen an die Zeugen zu stellen. Entscheidet das Gericht ohne Hinzuziehung des Sachverständigen und sein Gutachten, so ist dies fehlerhaft.

Sachverständige muss Zeugen befragen können

Eine Frau setzt die Tochter eines Cousins zur ihrer Alleinerbin ein. Sie stand unter Betreuung. Nach ihrem Tod beantragt diese einen Erbschein. Das Gericht weist den Antrag zurück, da sich aus den Betreuungsakten und dem dortigen Sachverständigengutachten ergebe, dass sie bei Errichtung des Testaments nicht testierfähig war. Nachdem das Oberlandesgericht dem Nachlassgericht aufgegeben hatte, weitere Ermittlungen durchzuführen, veranlasste das Nachlassgericht die schriftliche Befragung des Hausarztes, behandelnder Klinikärzte, des MDK, der Nachbarn und der Mieterin der Erblasserin sowie deren Tochter, und erhob anschließend Sachverständigenbeweis. Das daraufhin erstellte psychiatrische Sachverständigengutachten kam zu dem Ergebnis, dass die Erblasserin an Demenz litt, in Bezug auf den Einflusses der Demenz auf die freie Willensbildung aber keine abschließenden Angaben gemacht werden könnten, weil sich die Angaben der privaten Kontaktpersonen widersprächen. Daraufhin höre das Nachlassgericht diese Personen erneut an und wies den Erbscheinsantrag erneut zurück. Die Tochter des Cousins legt hiergegen Beschwerde ein, weil keine der bisher eingeholten gutachterlichen Stellungnahmen zu dem eindeutigen Ergebnis komme, dass mit Sicherheit von Testierunfähigkeit der Erblasserin zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments auszugehen sei.

Entscheidung ohne Sachverständigen ist fehlerhaft

Zu Recht, entscheidet das Beschwerdegericht. Das Nachlassgericht durfte nicht nur auf der Basis der mündlichen Zeugenaussagen und ohne weitere Anhörung des Sachverständigen eine Entscheidung treffen. Vielmehr hätte das Nachlassgericht die privaten Kontaktpersonen in Anwesenheit des Sachverständigen anhören und diesem Gelegenheit geben müssen, diesen auch selbst Fragen zu stellen. Sodann hätte es die vom Sachverständigen avisierte abschließende psychiatrische Beurteilung einholen und Beteiligten mit der Gelegenheit zur Stellungnahme bekanntgeben müssen. Erst hiernach hätte das Gericht eine Entscheidung treffen dürfen und zwar durch den Richter und nicht durch den Rechtspfleger, weil es sich um eine streitige Sache handelt. Das Beschwerdegericht gab die Sache daher mit einem inzwischen rechtskräftigen Beschluss an den Richter beim Nachlassgericht zurück.

Oberlandgericht (OLG) München Beschluss vom 18.12.2024 (33 Wx 153/24e)