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Aktuelle Urteilsmeldungen

Vom 4. Juni 2024

Als Pflichtteilsberechtigter kann man die beim Grundbuchamt hinterlegten Unterlagen einsehen

(DAV). Ist ein Kind enterbt, stehen ihm Pflichtteilsansprüche nach seinen Eltern zu. Um diese geltend machen zu können, muss man um den Nachlassbestand und um Vorschenkungen und um den Wert von Nachlass und verschenkten Gegenständen wissen. Hierzu stehen ihm Auskunfts- und Wertermittlungsansprüche auch in Bezug auf wertvolle Immobilien gegen die Erben zu. Doch wie kann man diese überprüfen? Indem man sich an das Grundbuchamt wendet.

Pflichtteilsberechtigter will neben einem Grundbuchauszug auch sämtliche Verträge und Kostenrechnungen vom Grunbuchamt
Ein Mann will seinen Pflichtteil nach seiner Mutter geltend machen. Um diesen berechnen zu können, muss er den Nachlassbestand zum Todestag sowie etwaige Vorschenkungen kennen. Er weiß, dass seine Mutter seinem Bruder eine Eigentumswohnung teilentgeltlich übertragen hat. Er möchte vom Grundbuchamt einen Grundbuchauszug, eine Kopie des Übertragungsvertrages an seinen Bruder sowie weitere frühere Übertragungsverträge, den Kaufvertrag an die Erblasserin und die zugehörige Kostenrechnung in Bezug auf dieses Grundstück haben. Das Grundbuchamt gewährt alles bis auf die Kostenrechnung mit der Begründung, er müsse sich an die Erben halten, gegen diese habe er Auskunfts- und Wertermittlungsansprüche.

Auch Kostenrechnung ist vom Grundbuchamt herauszugeben, da sie tragfähige Anhaltspunkte für den Wert der Immobilie liefert
Nach dem Gesetz ist die Einsicht in das Grundbuch und in die Verträge, die sich beim Grundbuchamt befinden, jedem gestattet, der ein berechtigtes Interesse darlegt. Insoweit können auch Kopien verlangt werden. Die Berechtigung kann sich auch aus wirtschaftlichen Interessen ergeben. Ausgeschlossen werden sollen die Verfolgung unbefugter Zwecke oder die Befriedigung reiner Neugier. Außerdem muss das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen beachtet werden. Wer aber Informationen, die für sein künftiges Handeln erheblich erscheinen, aus sachlichen Gründen verlangt hat ein berechtigtes Interesse. Dies gilt auch für die Kopie einer Kostenrechnung. Der Pflichtteilsberechtigte hat ein nachvollziehbares wirtschaftliches Interesse daran, den Wert des veräußerten Grundstücks zu erfahren, da nach den genannten Bestimmungen hiervon die Höhe des Pflichtteilsergänzungsanspruchs abhänge. Um diesen korrekt geltend zu machen, sei die Kenntnis des Grundstückswerts erforderlich. Insoweit ergäben sich aus der begehrten Kostenrechnung hilfreiche Indizien. Dass der hier zugrunde gelegte Gegenstandswert nicht verbindlich sei, stehe dem berechtigten Interesse nicht entgegen, da der Pflichtteilsberechtigte hierüber zumindest einen tragfähigen Anhaltspunkt erhalte.

Oberlandesgericht (OLG) München Beschluss vom 15.2.2024 (34 Wx 36/24 e)